Aktionen

Ursprünglich waren sechs Gedenkaktionen geplant, in denen rund 350 Herferinnen und Helfer die rund 1600 Stoffbinden anbringen sollten. Da die Kunstinstallation jedoch leider von mutwilligen Zerstörungen nicht verschont blieb, gab es auch spontane Aktionen, zu denen sich Bürgerinnen und Bürger der Stadt Frankfurt am Main trafen. Mehr dazu in den Berichten über die Aktionen.

Gedenkaktionen am 21./22. März 2015

Gedenkaktion am 19. April 2015
Gedenkaktionen am 8./9. August 2015
Spontane Aktionen im Juli/August 2015
Gedenkaktion am 5. September 2015
Das Abhängen der Binden am 18. Oktober 2015

 

Bilder der Aktionstage finden Sie hier (Rubrik Aktionstage) und auch auf der Facebookseite. Ein paar Rückmeldungen von TeilnehmerInnen der Gedenkaktionen stehen im Gästebuch.

 

Gedenkaktionen am 21./22. März 2015

An diesem Wochenende wurden zunächst 1.200 Stoffbinden zum Gedenken an die ehemaligen Häftlinge des KZ-Adlerwerke an Bäumen in der Stadt Frankfurt am Main installiert, das entspricht in etwa der Anzahl der Häftlinge, die zu Beginn der Errichtung des Lagers hier in Frankfurt waren. In weiteren Aktionen werden im Laufe des Jahres noch 400 Stoffbinden zum Gedenken angebracht.

Am Samstag waren wir etwa 150 und am Sonntag etwa 60 Personen. Zusätzlich hatten wir am Samstagnachmittag noch Unterstützung von einer jungen Gruppe der Jugendweihe Hessen. Bei kalten Temperaturen wurden die Stoffbinden auf der Mainzer Landstraße im Gallus, am Golub-Lebedenko-Platz, an der Hauptwache, auf der Zeil, der Konstabler Wache und am Museusmufer in Sachsenhausen installiert. Die Fähnchen auf dieser Karte zeigen Ihnen, wo sich die Bäume mit den Stoffbinden befinden. Besonders am Sonntag, als noch einige Stoffbinden auf Grund kurzfristiger Absagen vom Vortag noch nicht installiert waren, war noch mal großes Engagement zu beobachten: Teams, die ihre Stoffbinden schon angebracht hatten, kamen noch einmal zum Eisernen Steg, um zu helfen. Auch Passanten, mit denen wir ins Gespräch kamen, nahmen sich spontan ein paar Stoffbinden, um sich am Gedenken zu beteiligen. Ihnen allen ganz herzlichen Dank für diese Unterstützung!

Im abschließenden Austausch mit den TeilnehmerInnen wurde berichtet, dass es Gespräche mit Passanten gab, die überwiegend positiv und in Einzelfällen auch kritisch waren. Insgesamt schien es allen wichtig gewesen zu sein, dass sie selbst ein Teil dieser Gedenkaktion waren und sich aktiv einbringen konnten. Sehr bewegend war der Wortbeitrag von Frau Wilke, deren Eltern beide Zwangsarbeiter in Frankfurt waren. Vielen Dank dafür!

Auch die technische Durchführung funktionierte überwiegend gut. Vereinzelt haben Stoffbinden doch nicht gepasst, es fehlte eine Größe, einige Bäume waren nicht zugänglich und eine Tüte und ein Plan waren vertauscht. Aber dennoch: Alle haben sich irgendwie geholfen und spontane Alternativen gefunden, so dass wir die geplante Installation durchführen konnten. Alles was am Samstag nicht geklappt hat, wurde am Sonntag nochmal von den weiteren Teams nachgearbeitet.

Positiv ist, dass die Diskussion um die Formen eines langfristigen Gedenkens für die Opfer und auch das Erinnern an die Täter wieder entfacht ist. Die Ansichten darüber sind vielfältig: ein Gedenkort in den Räumlichkeiten der ehemaligen Adlerwerke, eine Ausstellung im Historischen Museum oder auch ein Mahnmal sind Möglichkeiten die Erinnerung in der Stadt Frankfurt zu verankern. Jedenfalls wird eine Installation von Stoffbinden dieser Aktion in der Dauerausstellung des Historischen Museums platziert, so dass in jedem Fall dort etwas zur Erinnerung bleibt.

Erfreulich ist, dass nun auch die BürgerInnen der Stadt über die Installation der Stoffbinden zur Webseite finden, Kommentare oder Mails schreiben oder auch einfach nur auf der Seite schauen. Unsere Webseite wurde im Monat März 2015 von über 4.200 Interessierten besucht und rund 31.000 Seitenaufrufe zeigen, dass die Gedenkaktion viele Menschen erreicht hat.

 

Gedenkaktion am 19. April 2015

Im Rahmen dieser Aktion wurden auch am Paulsplatz Stoffbinden zum Gedenken an die ehemaligen Häftlinge des KZ-Außenlagers Adlerwerke installiert. Mit insgesamt 20 HerlferInnen haben wir 43 Stoffbinden installiert. Vielen Dank an die Freiwillgen! Im Anschluss an die Aktion gab es wieder einen abschließenden Austausch, der dieses Mal im Bernusgewölbe im Historischen Museum stattfand. Mit dabei waren Anna Chrzanowska und Hartmut Weinert, die uns viele Informationen über den Warschauer Aufstand gaben. Die meisten der in den Adlerwerken internierten Häftlinge aus Polen kamen aus dem Warschauer Aufstand in Polen. Frau Chrzanowska kommt ursprünglich aus Warschau. Sie berichtete, dass es für sie eine besondere Situation gewesen sei, von Warschau nach Frankfurt zu ziehen und dort erneut mit der Geschichte ihres Landes konfrontiert zu sein. Sie gab uns einige Informationen zu den historischen Hintergründen des Aufstandes. Hartmut Weinert gab uns Einblicke in seine Wahrnehmung des Aufstandes und dessen Bedeutung für die Polen aus seiner Sichtweise als Deutscher. Vielen Dank an beide für diese Informatioen und Hintergründe.

 

Gedenkaktionen am 8./9. August 2015

Seit März bzw. April 2015 erinnerten nun 1200 Stoffbinden an Bäumen in der Stadt Frankfurt an die Häftlinge des KZ-Adlerwerke. Die Binden wurden mit über 200 freiwilligen HelferInnen im Rahmen von drei Gedenkaktionen installiert. Schnell fiel den Frankfurter BürgerInnen die unübersehbare Installation am Museumsufer in Sachsenhausen, in der Innenstadt rund um die Zeil und im Gallusviertel, in dem sich auch das ehemalige KZ befand, auf. Da insgesamt 1600 Häftlinge im KZ-Adlerwerke interniert waren und für jeden von ihnen eine Stoffbinde zum Gedenken vorhanden ist, fehlten also noch 400 weitere Stoffbinden, die nun in den weiteren Gedenkaktionen installiert werden sollten. Bereits installierte und auch fehlende Stoffbinden wurden durch Neue ersetzt. Symbolisch wurde mit dieser Aktion die Austauschbarkeit der Häftlinge sichtbar: Wer unbrauchbar, krank oder tot war, wurde durch eine andere Person ersetzt.

320 dieser Stoffbinden wurden am Wochenende des 8. und 9. August 2015 mit rund 50 HelferInnen im Innenstadtbereich und am Mainufer installiert. Nach einer kleinen Einführung und einem gemeinsamen stillen Gedenken im Bernus-Gewölbe des Historischen Museums zogen die TeilnehmerInnen in Zweierteams jeweils am Samstag und auch Sonntag los, um sich dem aktiven Teil der Gedenkaktion zu widmen.

Am Samstag war die Gruppe leider dünn besetzt, da über die Hälfte der HelferInnen nicht gekommen waren. In Einzelfällen geschah dies wohl wegen einer terminlichen Verwechselung, die auf die Veranstalterin selbst zurückzuführen ist. ;-) An die geringe Anzahl von Leuten stellte sich deshalb eine  große Aufgabe: Bei großer Hitze musste jedes Team nun fast die doppelte Anzahl von Stoffbinden auf der Zeil zu installieren. Bis auf einen letzten Abschnitt kurz vor dem Konstabler Markt gelang es jedoch Dank des unermüdlichen Einsatzes der 12-14 Freiwilligen rund 100 Stoffbinden zu installieren!

Zwar waren es dann am Sonntag etwa 35 HelferInnen, dabei aber auch deutlich mehr Bäume, nämlich etwa 220, die eine Stoffbinde erhalten sollten. Auch für dieses Vorhaben waren nicht alle angemeldeten Leute gekommen.  Dankenswerterweise kamen spontan HelferInnen nochmal dazu, die am Samstag schon dabei waren. Und trotz der knappen Besetzung gelang es wirklich, das gesamte Mainufer von der Alten Brücke bis zur Friedensbrücke mit Stoffbinden zu versehen. Eine weitere Gruppe war zusätzlich auf der Zeil unterwegs, um die dort noch fehlenden Binden anzubringen. Besonders zum Ende hin entwickelte sich eine unglaubliche Dynamik in der Gruppe am Main: Den letzten Abschnitt mit schätzungsweise 40 Bäumen übernahmen rund 20 Leute, die bei den doch sehr schwülen Temperaturen großes Engagement zeigten. Es hatte fast etwas von “Bäumchen wechsel dich”, immer wieder überholten sich die Teams, um an weitere Bäume zu gelangen. Materialien und Stoffbinden in passenden Größen wurden wurden hin und her getauscht, bis wir nach rund zweieinhalb Stunden die Gesamtinstallation wieder errichtet hatten.

 

Spontane Aktionen im Juli/August 2015

Vermutlich in der Nacht vom 22./23. Juli wurden am Mainufer in Höhe Holbeinsteg/Städel etwa 50 Stoffbinden ganz mutwillig von den Bäumen gerissen: Mit Messern oder Scheren wurden die Binden durchtrennt und blieben auf dem Boden liegen … unfassbar! Ein aufmerksamer Beobachter hatte sich im Kulturamt gemeldet und von den Ereignissen berichtet. Auch Alexander Eilender bemerkte die massive Zerstörung von Stoffbinden am Morgen und tat seinen Unmut darüber via Twitter kund. In kürzester Zeit hatte sich innerhalb der Twittergemeinde ein Netzwerk gesponnen, das sich schnell einig war: Das kann nicht so bleiben!

Um 12 Uhr trafen sich sechs Twitterer, die einander vorher nur aus dem sozialen Netzwerk kannten – teilweise im Rahmen ihrer Mittagspause bzw. ihrem freien Tag. Sie waren ausgerüstet mit Kordeln, Taschen, Scheren, Cuttern und Sicherheitsnadeln und hatten folgendes Ziel: die heruntergerissenen Stoffbinden aufzusammeln, sie zu reparieren und sie wieder an den Bäumen zu befestigen. In knapp zwei Stunden gelang es ihnen tatsächlich, ausgehend vom Holbeinsteg in Richtung Untermainbrücke, die Binden wieder zu installieren. Großartig! Als es auch in der folgenden Tagen weitere Zerstörungen gab, war dieses Team unermüdlich zur Stelle.

Am 17. August hatte dann ein 61-jähriger Mann rund 120 Stoffbinden rund um den Eisernen Steg abgerissen. Der Mann wurde von aufmerksamen MitbürgerInnen dabei beobachtet und verständigten dankenswerter Weise die Polizei . Diese konnte den Täter noch vor der vollständigen Zerstörung am Mainufer in Höhe der Dreikönigskirche festnehmen. Der Mann ist der Polizei bereits wegen ähnlicher politisch rechts motivierter Straftaten bekannt, erklärte ein Polizeisprecher. Der Täter gab an, bereits zuvor Stoffbinden entfernt zu haben. Ob es sich bei ihm auch um den Täter handelt, der Anfang August für die massiven Zerstörungen verantwortlich ist, konnte nicht ermittelt werden.

Auch dieses Mal haben sich Menschen, die dem sozialen Netzwerk Twitter angehören, zu einer weiteren spontanen Aktion zusammengefunden. Daher wurden am Freitag um 17.00 Uhr nochmals mit etwa 30 Freiwilligen am Main die Binden wieder angebracht.

Leider war der Tatendrang des o.g. Mannes noch nicht gestillt, denn er hatte am Vorabend der spontanen Aktion auf der Zeil nochmals ca. 50 Stoffbinden entfernt. Er wurde erneut festgenommen und erhielt ein Annäherungsverbot zur Gedenkinstallation; bislang hat er sich daran gehalten (Stand 5.10.15).

Das Engagement dieser Menschen und ihre spontanen Bereitschaft, sich dieser stumpfsinnigen Zerstörungswut entgegenzustellen, sind rührend. Das zeigt erneut, dass die anonymen Re-Aktionen auf die Gedenkaktion in der Öffentlichkeit bewusst wahrgenommen werden und aktiv auf sie reagiert wird. Auch in den letzten Monaten erreichten mich immer wieder Nachrichten von Menschen, die fehlende oder zerstörte Stoffbinden bemerkten. Viele reparierten sie und gaben sie im historischen musem oder im Gallustheater ab. Roswita Jakopcevic beispielsweise hat vielfach am Mainufer Ösen an den Binden befestigt, so dass sie wieder festgebunden werden konnten. Susanne Cunitz hat eine beschmutzte und zerrissene Stoffbinde gewaschen, von Hand geflickt und an mich zurück gegeben. Danke an Sie und all die anderen Menschen, die spontan zur Stelle waren und sich mitverantwortlich für den Erhalt dieser Gedenkaktion fühlen!

Gedenkaktion am 5. September 2015

Am 5. September 2015 fand die letzte Gedenkaktion im Gallus statt statt. So trafen wir uns auch nicht wie bisher im Historischen Museum Frankfurt, sondern im Rahmen der Ausstellung Stadtlabor unterwegs – Gallus. Dieser Ort stellt einen besonderen Bezug zum Projekt her, denn die Räumlichkeiten der Ausstellung befinden sich kaum 50 Meter von den ehemaligen Adlerwerken entfernt.

Gekommen waren etwa dreißig Leute, um beim Installieren der Stoffbinden zu helfen. Dieses Mal waren auch einige Kinder dabei, die im Rahmen eines Projekts der deutsch-polnischen Elterninitiative Krasnale das Projekt tatkräftig unterstützt haben. Wie auch bei den vorausgegangenen Aktionen gab es zunächst eine Einführung in die Thematik des KZ-Adlerwerke und anschließend eine gemeinsame Schweigeminute zum Gedenken an die ehemaligen Häftlinge. Nach der Ausgabe der Materialien und Erklärungen zum Anbringen der Binden, starteten die Teams in Zweier- und Dreiergruppen. Trotz leichtem Nieselregen gelang es in der vorgesehenen Zeit, die noch 95 verbliebenen Stoffbinden rund um die Galluswarte auf der Mainzer Landstraße zu installieren. Auch am Golub-Lebendenko-Platz wurden wieder Stoffbinden angebracht. Nach getaner Arbeit gab es einen anschließenden Austausch, in dem die TeilnehmerInnen ihre Erlebnisse während der Installationsarbeit berichteten und noch offene Fragen geklärt wurden.

Ein herzliches Dankeschön an alle Helferinnen und Helfer sowie mein Team Christina Gröschen, Brigitte Grohs-Elbrächter, Dirk Schneider und Jutta Qartit!

 

Das Abhängen der Binden am 18. Oktober 2015

Am vergangenen Sonntag wurden nun die Stoffbinden offiziell von den Bäumen entfernt. Treffpunkt für die HelferInnen im Gallus war der Golub-Lebedenko-Platz und für den Bereich der Innenstadt und des Mains das Historische Museum. Rund 35 HelferInnen hatten sich bereit erklärt, dabei zu sein.

Zunächst wurden alle Materialien verteilt und Details zum Abhängen besprochen. Schnüre und Drähte sollten direkt nach dem Abtrennen von den Binden entfernt werden, damit man sie anschließend gut in den Tragetaschen verstauen und später auch ohne großes Verheddern wieder entnehmen konnte. Auch ein grobes Reinigen des Stoffes vor Ort bot sich an, da viele Binden doch sehr verschmutzt waren. Das Abhängen ging im Vergleich zum Aufhängen entsprechend schneller.

Nach dem Entfernen der Binden trafen sich alle TeilnehmerInnen nochmal im Historischen Museum. Dort wurden dann alle Materialen sortiert: Drähte, Schnüre, Scheren, Tüten, Pläne, Flyer und auch das Herzstück der Installation: die Stoffbinden – rund 500 Stück. Da die Binden feucht waren, mussten diese zunächst austrocknen. Glücklicherweise haben sich einige HelferInnen gefunden, die bereit waren, eine Anzahl von 50 bis 150 Binden mit nach Hause zu nehmen, um sie dort zu trocknen. Vielen Dank dafür!

Am Abend wurde mir dann nochmal bewusst, dass es nun das letzte Treffen dieser Art im Rahmen der Gedenkaktionen war. Für mich bewegend, wie schnell die Installation plötzlich nicht mehr “mitten unter uns” war. Es bleibt eine Lücke, die ich etwas wehmütig betrachte, besonders wenn ich nun auf die lange Platanenalle am Main blicke. Trotz vieler Zerstörungen der Installation und der Tatsache, dass viele Binden im Laufe der sieben Monate verschwunden sind, blicke ich auf eine Gedenkaktion zurück, die mich glücklich macht. Glücklich deshalb, weil so viele Menschen mit mir für jeden der 1600 Männer des KZ-Adlerwerke eine Binde zum Gedenken an einem Baum angebracht haben. Und auch, weil die Existenz dieses Lagers nun mehr ins Bewusstsein vieler gerückt ist. Danke an alle Menschen, die MITTEN UNTER UNS wahrgenommen, angenommen und unterstützt haben, und es vielleicht auch weiter geben werden.